Hallo alle Zusammen,
wann habt ihr euch zuletzt ganz bewusst Zeit für euch alleine genommen? Ohne Partner, Kinder, Haustiere, Arbeit, Haushalt, Freunde und co. – sondern nur ihr allein. Ich habe das im Juni 21 getan, weil ich gerade durch die Pandemie und all die Vorkommnisse die es gab eine richtige Pause benötigte und zwar nur mit mir alleine und nicht hier Zuhause. Also checkten mein Freund und ich unsere Terminplaner, wann ich ein Wochenende für mich nehmen kann und dann war es auch 3 Wochen später schon soweit.
Die Hotelsuche und meine Vorfreude
Mir war es wichtig, dass ich keine zu weite Anreise habe und vor allem wollte ich Wellnessangebote vor Ort buchen können um mir selbst etwas Gutes zu tun. Ich recherchierte also im Internet und habe mich letztlich für ein schickes Hotel in Werder am Schwielowsee entschieden.
Als das Zimmer und meine Halbpension gebucht waren, stöberte ich Online direkt im Wellnessprospekt und buchte mir prompt eine Ganzkörpermassage, sowie eine Gesichtsbehandlung dazu. Da ich nur von Freitag bis Sonntag dort war, sollte Samstag mein absoluter Wellnesstag werden und darauf freute ich mich sehr.
3 Wochen musste ich noch warten und es zog sich teilweise wie Kaugummi, aber dann war es endlich soweit und der Tag der Tage kam. Mein Freund war so lieb und fuhr mich mit dem Auto hin und stellte mich, samt meines kleinen Koffers, vor dem Hotel ab. Ich checkte ein und ging auf mein Zimmer und dann ging es plötzlich los …
Übermannt und überfordert von den Gefühlen
Zuerst schaute ich mir mein Zimmer an und war total verzückt und plötzlich realisierte ich: “Fuck, ich bin hier jetzt echt mal komplett alleine und ohne Verantwortung!” Ich ließ mich auf dem Bett nieder, saß dort und fing plötzlich an stark zu weinen. Dieses Gefühl vom alleine sein überforderte mich in diesem Moment mit einmal extrem. Der Gedanke daran 2,5 Tage nun alleine zu essen, alleine rumzuliegen, alleine zu spazieren war plötzlich alles andere als attraktiv. Mit einmal fehlte mir Gesellschaft, obwohl ich die monatelang durch Corona hatte und somit diese freie Zeit wünschte.
Und als es nun soweit war konnte ich damit nichts anfangen. Ich hatte angst, dass die Zeit mit mir alleine und meinen Gedanken vielleicht keine gute Idee waren. Ich schrieb meiner Freundin und erzählte ihr von meinem emotionalen Ausbruch und sie schaffte es mich soweit zu beruhigen, dass ich meine Tränen trocknen konnte und mir sagte: “So Yasmine, jetzt gehst du erstmal raus an die frische Luft und schaust dich mal hier um.”
Und mit einem mal fühlte ich mich befreit, weil ich meine Gefühle angenommen hatte und dennoch probierte meinen Plan durchzuziehen: Zeit für mich und endlich mal entspannen.
Alleine mit sich sein muss man oftmals lernen
Viele Menschen können sehr schwer alleine sein und fürchten sich regelrecht davor, wenn eigene Gedanken auch zu laut werden. Ich muss sagen, dass ich seit der Trennung gut gelernt habe mit mir alleine zu sein und mich auch gut alleine beschäftigen kann. Die Situation dort war für mich dennoch komplett neu, denn ich war noch nie alleine irgendwo im Urlaub oder auf einem Wochenendtrip.
Ich spazierte also im Hotelgelände umher und beobachtete am See ein Pärchen, welches mit ihren beiden Hunden spielte und prompt vermisste ich Schotti und all die gemeinsamen Spaziergänge. Somit lief ich weiter und sah dann ein altes Ehepaar, welches am Steg zusammen gesessen hatte. Und bei diesem Anblick ging mir wirklich das Herz auf, wurde mir bewusst, dass ich genau das auch möchte: mit meinem Partner alt werden und noch gerne im Alter so die Zeit zusammen verbringen.
Ich entschied nach einer Weile zurück in mein Zimmer zu gehen und schaute eine Folge meiner aktuellen Serie und machte mich dann fertig für das Abendessen.
Alleine essen war ebenfalls neu
Ich wurde zu meinem Tisch geführt und dieser befand sich zwischen 2 Vierertischen und somit saß ich alleine umgeben von Pärchen. Das war mir zunächst wirklich sehr unangenehm. Direkt fühlte ich mich sehr beobachtet und sage euch, teilweise war es auch so. Ich bestellte mir etwas zu trinken und ging dann zum Buffet und bestückte meinen Teller mit Leckereien.
Allerdings hab ich mich so unwohl alleine gefühlt, dass ich das Essen nicht genießen konnte, sondern eher schnell runterschlang um meinen Tisch so schnell wie möglich wieder verlassen zu können. Auf Nachtisch habe ich dadurch auch verzichtet.
In Berlin saß ich schon alleine in Cafés und war auch alleine Frühstücken, aber nirgends war es mir so unangenehm wie in diesem Moment dort vor Ort. Die Leute die mich anguckten, werden sich sicher nicht viel dabei gedacht haben, dennoch kam mir jedes Mal der Gedanke, was sie über mich denken könnten. Soetwas wie: “Ach guck, hat sie keine Freunde?”, “Oh, wollte wohl niemand mit ihr hierher.” Dabei hätten die Leute ja auch denken können:”Wow ist sie ne Powerfrau, macht alleine Urlaub und genießt ihre Zeit.”, “oh, nicht dass ihre Begleitung krank auf dem Zimmer liegt.”
Nein, ich habe eher an etwas negatives gedacht und habe mir damit mein Abendessen, ehrlich gesagt, selbst etwas versaut.
Ein Abend allein in schöner Umgebung
Nach dem Essen war ich somit ein bisschen niedergeschlagen und die Gedanken vom Nachmittag wurden wieder laut, was für eine blöde Idee das doch gewesen ist. Ich spazierte wieder runter an den See und so langsam machte sich der Sonnenuntergang bemerkbar.
Ich habe mich auf den Steg mit einem Stuhl gesetzt und nachgedacht. Dann bemerkte ich, dass ich das Bedürfnis habe einen Cocktail zu trinken und wisst ihr was? Das habe ich getan. Es ging somit zur Bar und ich ließ mir einen sehr leckeren Cocktail mixen und setzte mich zurück auf den Steg. Dort ließ ich meine Gedanken schweifen, dachte auch sehr viel über mich und mein Leben nach. Dabei beobachtete ich einen Otter der an mir vorbeischwamm und freute mich sehr über den Sonnenuntergang. Was ich dabei nicht bedachte, dass die Mücken mich zum Abend hin immer attraktiver fanden.
Somit brachte ich kurze Zeit später mein leeres Glas zurück zur Bar und ging auf mein Zimmer. Dort machte ich mich bereit fürs Bett und habe noch eine ganze Weile Serien geschaut und leider auch wieder meine liebsten um mich herum vermisst. Allerdings freute ich mich auch sehr auf das Ausschlafen am kommenden Morgen.
Mein Wellnesssamstag
Mein Morgen begann sehr entspannt und ich machte mich bereit für das Frühstück. Ich saß wieder an dem Tisch vom Vorabend und fühlte mich leicht mulmig, zumal ich mir einen Latte Macchiatto bestellte und eine andere Frau dann meinte: “Ich hätte gerne auch so einen Kaffee wie die Frau da vorne am Tisch.” und bumm! Prompt kam das Gefühl vom Abend wieder und ich fühlte mich beobachtet.
Dennoch probierte ich mein Frühstück in Ruhe zu genießen, weil wenn ich eines an meinem Wellnesssamstag nicht wollte, dann war es Stress. Und es klappte. Danach machte ich mich direkt fertig und wurde 2 Stunden lang verwöhnt. Bei der Massage hätte ich einschlafen können und generell war ich danach so entspannt wie schon lange nicht mehr. Das verriet auch der Handtuchabdruck in meinem Gesicht.
Verknautscht aber tiefentspannt tapselte ich in mein Zimmer zurück und überlegte was ich nun als nächstes machen sollte. Einerseits hätte ich gerne geschlafen, andererseits war das Wetter so gut und heiß, dass es vergoldete Zeit gewesen wäre – also ab an den Pool mit meinem Buch. Ich sonnte mich, las dabei und ab und an kühlte ich mich im Pool wieder ab. Zur späteren Stunde holte ich mir an der Poolbar kalte Getränke und entdeckte Lillet Wildberry für mich.
Und so verging der ganze Tag tatsächlich am Pool bis ich wieder zum Abendessen musste …
Abendessen 2.0
Ich duschte und machte mich fertig und hatte etwas bammel, doch dann sagte ich mir: “Nein Yasmine, diesmal genießt du dein Abendessen. Diese Leute siehst du nie wieder und es kann dir doch völlig egal sein was sie denken, denn du kennst doch die Wahrheit: Bewusste Zeit allein.”
Ich wurde draußen an einen Tisch gebracht mit Blick auf den See. Dann bestellte ich mir etwas zu trinken und ging zum Buffet. Und was sah ich, als ich zurück kam? Eine weitere Frau saß alleine am Tisch und aß. Und ganz plötzlich fühlte ich mich nicht mehr allein, denn es gab noch eine Frau die ganz wahrscheinlich bewusst Zeit alleine verbringen wollte. Und selbst wenn nicht, saß sie so selbstwusst da, dass ich am Tisch grinsend saß und mir das Abendessen alleine sogar auf einmal gefiel.
Auch diesmal machte ich wieder einen Spaziergang bis es dunkel wurde und legte mich entspannt und super glücklich ins Bett.
Sonntag und Zeit zum Abschied
Erstmal schlief ich aus und dann freute ich mich riesig auf mein Frühstück. Wieder saß ich draußen auf der Terrasse und diesmal ertappte ich mich, wie ich lächelnd und zufrieden dort saß. Ich bestellte meinen Kaffee und dann genoss ich mein Essen.
Den Rest des Tages, bis zum Nachmittag, verbrachte ich wieder auf meiner Liege und wechselte das Sonnenbad mit lesen im Schatten ab. Und als ich da so lag merkte ich, dass ich die Zeit locker gerne auf eine Woche verlängert hätte. Es ist erstaunlich gewesen, dass ich Freitag bei der Ankunft erstmal weinte und meine eigene Idee auf einmal so unschön empfunden habe und nach dem warm werden war ich traurig schon wieder gehen zu müssen.
Und dann war es auch schon soweit: ich checkte aus dem Hotel aus und mein Freund sammelte mich wieder vor dem Hotel ein und wir fuhren nach Hause.
Mein persönliches Fazit
Nicht nur, dass dieser Wochenendtrip für meine persönliche Entwicklung wichtig gewesen ist, sondern auch für meine mentale Gesundheit, war es einfach auch eine schöne Erfahrung. Lange war ich sehr gestresst, weil ich im Alltag nichts abgeben konnte, Hilfe annehmen fiel mir immens schwer. Mit dieser Auszeit wollte ich mir bewusst eine eigene Grenze ziehen, den Haushalt und Hund mal abgeben und einfach mal nichts tun. Bzw nur das wonach mir wirklich ist, worauf ich Lust habe, aber keine nervigen Verpflichtungen.
Ich habe für mich gemerkt, dass ich das viel öfter mal machen muss. Zeit für mich alleine zu haben, Dinge zu tun wo im Alltag die Zeit fehlt, meine Prioritäten anders sind – wenn ich alleine und woanders bin liegt die Prio ganz klar bei mir und das ist unfassbar wichtig. Jeder sollte sich kleine Freiräume schaffen, wie diese aussehen kann und sollte jeder individuell erfassen.
Ich für meinen Teil werde das definitiv öfter machen. Mal mit meinem Partner, mal mit einer Freundin und dann auch ganz für mich alleine. Es war eine sehr schöne Erfahrung aus der ich so viel gewinnen konnte.
Seid ihr schon alleine gereist? Und nehmt ihr euch bewusst Auszeiten für euch?
Alles Liebe,
eure Yasmine
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